Vorsicht: Fruchtzuckerfallen!

Vorsicht: Fruchtzuckerfallen!

Früchte geniessen unter den Lebensmitteln einen guten Ruf. Sie liefern viele wichtige Vitamine und Mineralstoffe und schmecken dazu noch herrlich süss. Eine tolle Kombination– besonders für kleine und grosse Gemüsemuffel. Doch wie viel Obst sollte und darf pro Tag verzehrt werden? Und ist Fruchtzucker wirklich, wie allgemein verbreitet, gesünder als Haushaltszucker?

 

Das Wichtigste zuerst: Zucker erfüllt wichtige Aufgaben

Zucker, auch Kohlenhydrate, erfüllen essenzielle Funktionen in unserem Körper. Als wichtigster Energielieferant für unser Gehirn und unsere roten Blutkörperchen zählt er weit über die Phase der geistigen und körperlichen Entwicklung hinaus als Grundnahrungsstoff. Allerdings sollte er wie vieles andere auch massvoll und nicht massenhaft genossen werden. Denn bereits in der Kindheit begünstigt ein zu hoher Zuckerkonsum die Entstehung von Karies und Übergewicht. Im Alter kann ein übermässiger Konsum das Risiko für Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigern.

Ernährungsempfehlungen

Bei einer gesunden Ernährung gilt bei Kindern wie auch bei Erwachsenen die Faustregel «5 am Tag» für den täglichen Verzehr von Obst und Gemüse. Dabei wird empfohlen, drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Früchte zu sich zu nehmen. Der Unterschied bei Kindern und Erwachsenen liegt hier in der Portionengrösse. Während für Erwachsene 120 g Gemüse oder Obst pro Portion empfohlen werden, sind es bei Kindern bei Gemüse ca. 75 g und ca. 115 g Obst pro Portion. Alternativ kann auch eine Portion Obst durch 1–1,5 dl (respektive 2 dl bei Erwachsenen) reinen Fruchtsaft ersetzt werden. Je nach Alter der Kinder variiert diese Zahlen leicht. Auf der Website der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung findest du die individuellen Ernährungsempfehlungen zu jedem Lebensabschnitt deines Kindes.

Warum spielt es eine Rolle, ob man Gemüse oder Früchte isst?

Im Gegensatz zu Obst ist der Zuckergehalt im Gemüse viel niedriger. Beide Lebensmittelgruppen liefern wichtige Nährstoffe, wobei Früchte im Gegensatz zu Gemüse einen hohen Anteil an Fruchtzucker, auch Fructose genannt, beinhalten. Während Gemüse durchschnittlich 4 g Zucker pro 100 g enthält, sind es bei Früchten 12 g pro 100 g. Das enspricht der dreifachen Menge Zucker.

Fructose ist wie Traubenzucker (Glucose) und Schleimzucker (Galaktose) ein Einfachzucker. Diese drei Zuckerarten und Kombinationen daraus sind die Grundbausteine für alle weitere Zuckersorten wie Zweifachzucker, zu denen Haushaltszucker (Saccharose) und Milchzucker (Laktose) zählen. Damit Zucker überhaupt vom Körper aufgenommen werden kann, muss er im Magen-Darm-Trakt von Mehrfachzuckern oder Zweifachzuckern wieder zu Einfachzuckern aufgespaltet werden. Je mehr Einfachzucker wir konsumieren, umso schneller steigt der Blutzuckerspiegel an und fällt durch das freigesetzte Insulin schnell wieder. Die Folge davon ist meist Heisshunger. Dieser Vorgang läuft identisch ab, unabhängig davon, ob es sich beim Einfachzucker nun um Traubenzucker oder Fruchtzucker handelt.

Entgegen der weit verbreiteten Meinung gibt es also keinen «gesünderen» Zucker. Der Mehrwert von Fruchtzucker im Gegensatz zu normalem Zucker entsteht also lediglich durch die zusätzliche Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen. Und dies bezieht sich auf den Konsum ganzer Früchte, da das Fruchtfleisch aufgrund des hohen Nahrungsfasergehalts einen positiven Effekt auf unsere Verdauung haben kann. Als «gesünder» angepriesene süssende Lebensmittel wie Honig, Kokosblütenzucker oder Ahornsirup beeinflussen die Speisen nur geschmacklich – und enthalten genauso viel Zucker wie Haushaltszucker.

Sollte auf Obst verzichtet werden?

Nein, auf Beeren und Obst sollte nicht verzichtet werden. Wie bereits erwähnt, gehört Obst laut der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung zum festen Bestandteil einer gesunden Ernährung. Wichtig ist hierbei auch, den Unterschied zwischen süssen Früchten und Obstsorten mit geringem Zuckergehalt zu kennen. Während Bananen, Äpfel und Trauben vergleichsweise viel Fructose enthalten, beinhalten beispielsweise Heidelbeeren oder Erdbeeren im Gegensatz dazu wenig Fructose. Aprikosen, Grapefruits und Orangen sind Beispiele für Obstsorten mit einem mittleren Zuckergehalt.
Tipp: Sich die natürlich Süsse von Beeren und Früchte zunutze machen und als Dessert oder süssen Znüni anbieten statt Schokolade oder anderer Süssigkeiten.

Früchte clever kombinieren

Wer seinen Kids weiterhin süsse Früchte anbieten möchte, kann dies natürlich ohne schlechtes Gewissen tun. Um den Heisshunger danach zu verhindern, kann das Obst mit sogenannten Blutzuckerbremsen kombiniert werden. Dabei handelt es sich um protein- oder fettreiche Lebensmittel. Also zum Beispiel zwei Aprikosen und eine kleine Handvoll Nüsse. Oder Beeren mit etwas Quark oder Joghurt. Auch Trockenfleisch, Hummus und Hüttenkäse sind bei den Kids immer wieder sehr beliebt.

Ausreichende Vitaminversorgung

Mach dir keine Sorgen, dass dein Kind mit weniger Obst auch weniger Vitamine zu sich nimmt. Denn auch bei Kindern beliebte Gemüsesorten sind voller wichtiger Nährstoffe. Rote Peperoni enthalten zum Beispiel 165 mg Vitamin C pro 100 g – während es bei Orangen lediglich 55 mg bei der gleichen Menge sind. Bei Äpfeln sind es sogar nur 5 mg Vitamin C.

Wie gesund sind Säfte und Smoothies?

Säfte werden oft als gesund angepriesen. Dies ist besonders heikel, da mit einem Saft eine grosse Menge Früchte auf einmal verzehrt wird, ohne dabei zu sättigen. Zur Veranschaulichung: 2 dl Saft entsprechen zwei Orangen oder drei Äpfeln. Während man sich also nach dem Verzehr einer Orange bereits einigermassen befriedigt fühlt, bleibt das Sättigungsgefühl bei einem Glas Saft meistens aus.

Zudem geht durch das Entsaften ein grosser Teil des Fruchtfleischs verloren, wodurch der Obstsaft hauptsächlich noch aus Wasser und Zucker besteht. Als Vergleich: Cola beinhaltet ca. 10 g pro 100 ml. Bei Orangensaft sind es 11,1 g und bei Traubensaft sogar 16 g. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man die Limonade mit Zucker nun dem Fruchtsaft vorziehen soll. Massvoll genossen, ist nichts gegen ein Glas Fruchtsaft einzuwenden. Du kannst den Saft auch mit Mineralwasser verdünnen und somit den Zuckergehalt verringern. Für Kinder, die es gerne prickelnd mögen, bietet sich hier auch Sprudelwasser an.

Text: Wina Fontana, Ernährungsexpertin
19. April, 2022