Pudding – aus der Form geraten
Pudding, der süsse Wackelpeter, weckt Erinnerungen an unbeschwerte Kindertage. Doch was wir heute als Dessert kennen, war bei den alten Römern eine Wurst! Die Briten haben ihn zum Nationalgericht gemacht und in London eine Strasse nach ihm benannt. Ob süss oder pikant: Der Pudding hat es in sich.
Der Gaumenschmeichler
Er ist warm oder kalt, er ist süss, vergeht auf der Zunge, schmeckt nach Vanille, Schokolade oder Caramel. Es ist der Pudding, ein Gericht, das viele in die Kinderzeit zurückversetzt. Schaut man sich in den Läden um, so sind die vorher erwähnten Geschmacksrichtungen vorherrschend. Für die ganz Eiligen gibt es ihn genussfertig aus dem Plastikbecher, etwas mehr Zeit benötigt der Pudding, der mit Pulver gemacht wird. Das Kochen nach Rezept ist aufwendiger, doch jede Minute lohnt sich! Es gibt unzählige Rezepte, die Zutaten, die Konsistenzen sind sehr unterschiedlich, und jede bzw. jeder findet den passenden Pudding. Mal ist er leicht cremig, mal wackelfest oder gar nur mit dem Messer zerteilbar.
Pudding für die alten Römer
Doch was ist eigentlich ein Pudding? Zuerst das Wort Pudding, es wird in der englischen und deutschen Sprache verwendet und geht auf den französischen «boudin» zurück, damit ist eine Blutwurst gemeint. Einige Jahrhunderte früher bezeichneten die Römer mit «botellus» die kleine Wurst, also das Würstchen.
Heute verstehen wir hier in der Schweiz unter Pudding ein süsses Dessert aus Mehl (Griess, Reis), Butter, Zucker, Eiern, Milch und einer breiten Vielfalt an Aromen. Der klassische Pudding erhält seine Gestalt, indem man nach Verrühren und Erhitzen der Zutaten die dickflüssige Masse in eine Form giesst. Dann erstarrt die Masse, dank Wärme oder Geliermittel. Er wird auch im Ofen gebacken, gedämpft oder im Wasser gekocht.
Very British!
In Grossbritannien spielt Pudding eine wichtige Rolle – so sehr, dass in London sogar eine Strasse nach ihm benannt wurde: Pudding Lane. Bereits vor über 100 Jahren entstand eine Sammlung mit 1000 Pudding-Rezepten. Doch was macht Grossbritannien zum Puddingland?
In Schottland gilt Haggis als Nationalspeise: ein Pudding aus einem Schafsmagen, gefüllt mit gekochten und gehackten Innereien (Herz, Leber, Lunge), Nierenfett, Zwiebeln und Hafermehl. Der zugenähte Magen wird mindestens drei Stunden gekocht, gegessen wird nur die Füllung.
Etwas weiter südlich stammt der Yorkshire Pudding her. Dieser knusprige, fettige Teig aus Mehl, Milch und Eiern wurde früher unter dem am Spiess bratenden Fleisch gebacken, um das Fett aufzufangen. Oft wurde er früher vor dem Braten als Magenfüller serviert, heute kommt er meist zusammen mit dem Fleisch auf den Teller.
Eine Besonderheit ist der Bedfordshire Clanger – eine Teigtasche mit zwei Füllungen: eine Hälfte herzhaft mit Fleisch, die andere süss mit Früchten. Die Frauen gaben ihn den Männern als komplettes Mittagessen aufs Feld mit.
What’s for pudding?
Irgendwann verzichteten die Briten auf den Darm als Puddingform und verfertigten ihn im Puddingtuch, das gab ihm eher eine kugelförmige Gestalt, später in Puddingformen, womit die Gestalt des Puddings vielfältig wurde.
Pikante Puddings sind nicht nur eine Spezialität Grossbritanniens, speziell ist, dass sie dort immer noch geschätzt werden. Vor 150 Jahren kannte man bei uns auch den Pudding von Krebs oder den Spinat-Pudding. Als kulinarischer Nachfahre wäre hier der Gemüseflan zu bezeichnen. Aber ebenso führen die alten Schweizer Kochbücher den Brot-, Reis- und Griesspudding sowie das Caramelköpfli auf.
Das Wort Pudding hat sich weiterentwickelt. Die Bedeutung des Begriffs bezieht sich nicht nur mehr auf das konkrete Gericht, sondern auf den Speisegang «Dessert» oder Nachspeise. Die Frage: «What's for pudding?» meint nichts anderes als: «Was gibt's zum Dessert?»
Text: Alexandra M. Rückert Aktualisiert: 6. April 2021