Spiel mit dem Feuer
Hinter den Kulissen wird oft mit dem Feuer gespielt. In der französischen Küche etwa können diverse Klassiker vor dem Servieren flambiert werden, wie etwa der Coq au Vin oder das Bœuf Stroganoff. Vor allem Gerichte, die lange garen müssen, werden durch abgeflammte Spirituosen gerne aromatisiert. Die Franzosen nennen es «éteindre l’amertume», den Bitterstoff auslöschen. Durch das Verbrennen des Alkohols wird die Essenz des gebrannten Wässerchens als Würze freigesetzt.
Beim Flambieren vor Publikum verhält es sich umgekehrt: Im Grunde eignen sich fast alle warmen Speisen und Getränke für den Feuerzauber. Die besten Resultate erzielen Speisen mit kurzer Garzeit. Aber Achtung: Flambiertes ist kein Fastfood! Geduld, Um- und Vorsicht, kurzum, feu sacré, machen die Meisterin, den Meister.
Video: Coq au Vin
Der französische Klassiker aus Pouletschenkeln, Cognac, Zwiebeln, Knoblauch, Champignons, Speckwürfeli, Rosmarin, Rotwein, Hühnerbouillon und Lorbeerblättern. Für Gäste ideal zum Vorbereiten.

Flambieren, die neu entflammte Tradition
Sobald im Winter die Dämmerung ins Haus sickert, sehnen wir uns nach Licht und Wärme. Flackernde Kerzen und knisterndes Cheminéefeuer stehen hoch im Kurs. Auch kulinarisch lässt sich das Spiel von Dunkel und Licht stimmungsvoll untermalen – mit feinen flambierten Gourmandises. Die Idee, bei Tisch ein kleines Feuerwerk zu inszenieren, um die Zubereitung der Speisen vor den Gästen zu zelebrieren, liegt wieder im Trend. Die Sinne freuts: Flambieren ist nämlich mehr als die effektvolle Showeinlage verkannter Pyromanen. Die Köchin, der Koch würzt quasi das Gericht mit einem Edelbrand, dem der Alkohol durch das Feuer entzogen wird.
Flambieren hat Geschichte geschrieben und fast in allen grossen Küchen dieser Welt Karriere gemacht. Hoch im Kurs stand die Technik im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. In den 1970er-Jahren erlebte sie eine weitere Blütezeit. Dann aber verschwand sie allmählich aus den Gaststuben und Esszimmern, um uns nun von Neuem zu beglücken. Dass zahlreiche Flambier-Klassiker in End- und Neujahrsbräuchen wurzeln, versteht sich in den lichtarmen Wintertagen von selbst.

Flambieren – Schritt für Schritt
Flambieren ist eine Technik, die geübt sein will. Am besten probiert und experimentiert man, bevor man die Gäste zum Flammenspektakel einlädt. Beim Flambieren ist der Weg das Ziel. Folglich braucht es eher den Geist eines Zen-Mönchs als eines Show-Fakirs. Konzentration und Achtsamkeit sind das A und O.
Mit diesen Tipps und Tricks funktionierts:
- Keine beschichteten Pfannen verwenden, da der Antihaftbelag empfindlich auf zu hohe Temperaturen reagiert.
- Erst flambieren, wenn das Gericht heiss ist.
- Die Flüssigkeit so lange köcheln, bis sie schön sämig reduziert ist.
- Alkohol im heissen Wasserbad auf ca. 30 bis 40°C erwärmen.
- Während des Flambierens nicht umrühren, allenfalls die Pfanne leicht hin und her bewegen.
- Alkohol vollständig ausbrennen lassen, sonst dominiert der Sprit den Gout der Speisen.
- Je höher der Alkoholgehalt einer Spirituose, desto höher ist die Entflammbarkeit. Alkohol nicht direkt aus der Flasche zum Flambiergut giessen, sondern in kleinen Mengen mit einer Tasse, einer Metallkelle oder einem Suppenlöffel beigeben.
- Den Dampfabzug wegen Brandgefahr nicht einschalten. Fettrückstände im Filter können sich entflammen.
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Vorsicht: Brandgefahr!
Die Pfanne unbedingt aus der Reichweite des Abzuges nehmen und den Alkohol erst dann mit einem langen Zündholz anzünden.
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Gefüllter Kalbsbraten
Berühmte flambierte Gerichte
Die wohl entflammendste Verführung kommt aus Monaco und heisst Crêpes Suzette. Der Legende nach ist die Nascherei das Produkt einer Unachtsamkeit. Erfunden haben soll sie der Lehrling Henri Charpentier 1896 im «Café de Paris» in Monte Carlo. Er liess versehentlich den Saucenlikör in Flammen aufgehen. Kurzerhand tunkte der gewitzte Jungspund die Crêpes darin und präsentierte das Ganze als neue Kreation.
Plumpudding gibts in England seit dem 15. Jahrhundert. Heute gilt er als traditionelles Weihnachtsdessert. Doch ursprünglich handelte es sich um ein Hackgericht aus Rind- und Schaffleisch, Zwiebeln und Früchten. Plum- oder Christmas Pudding wird mit Brandy am Tisch flambiert.
Berühmtheit erlangte die deutsche Feuerzangenbowle (siehe oben) durch den gleichnamigen Film aus dem Jahr 1944 mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle. Für den Punsch werden Rotwein und Gewürze in einem Topf erhitzt. Obenauf kommen die Feuerzange und der Zuckerhut, der mit braunem Rum beträufelt und angezündet wird.
Der Schweizer Exportschlager Absinth wurde in der ehemaligen Tschechoslowakei mit einem speziellen Brauch geehrt. Beim sogenannten böhmischen Ritual wird ein Stück Würfelzucker in den Schnaps getaucht und auf den durchlöcherten Absinthlöffel gelegt. Angezündet tröpfelt die caramelisierte Zuckermasse langsam in den Absinth. Danach wird Wasser darübergeträufelt, bis sich der Zucker aufgelöst hat.
Welche Spirituosen eignen sich zum Flambieren?
Die Spirituose ist beim Flambieren Brennstoff und Aromenspender zugleich. Leicht entzünden lässt sie sich jedoch nur mit einem Alkoholgehalt von mindestens 40 Volumenprozent. Wird Likör mit niedrigerem Alkoholgehalt verwendet, sollte ein hochprozentiges Destillat beigemischt werden. Da der Schnaps als Würze dient, empfehlen sich qualitativ gute Produkte, die zu den jeweiligen Speisen passen. Pro Person rechnet man ein bis zwei Esslöffel Schnaps, die vor dem Flambieren auf ca. 40 Grad erwärmt werden. Geeignet sind folgende Brände:
- Abricotine (für Süsses)
- Absinth (für Süsses und Pikantes)
- Armagnac (für Pikantes und Süsses)
- Calvados (für Pikantes und Süsses)
- Cognac (für Pikantes und Süsses)
- Cointreau (für Süsses)
- Grand Marnier (für Süsses)
- Obstbranntweine (für Pikantes und Süsses)
- Rum (für Pikantes und Süsses)
- Whisky (für Pikantes und Süsses)
- Wodka (für Pikantes und Süsses)
Vorsicht Alkohol: Beim Flambieren bleibt Restalkohol zurück, die Gerichte sind also nicht für Kinder. Auch das Auto lässt man nach dem Genuss eines flambierten Gerichts besser stehen, vor allem, wenn dazu noch ein schöner Wein kredenzt wurde.
Welche Zutaten und Gerichte eignen sich zum Flambieren?
- Steaks, Medaillons, Geschnetzeltes, Geflügel, Wild, Fisch, Meeresfrüchte
- Suppen, Gemüse
- Ananas, Bananen, Kirschen, Zwetschgen, Pflaumen, Äpfel, Birnen
- Crêpes, Omeletten, Cremen, Pudding, Torten, Backwaren
- Kaffee, Absinth, Feuerzangenbowle, Sambuca
Text: Stephanie Riedi
Aktualisiert: 15. November 2021
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